Wenn junge Kunst das Alter reflektiert
BZE AG und HSLU setzen das «Alter ins richtige Licht»
Das ganze Jahr 2023 feiert die Betagtenzentren Emmen AG (BZE AG) das 60-jährige Bestehen ihres Standorts Alp Betagtenzentrum. Nach einem erfolgreichen Tag des Alters im Frühling sorgt die Kooperation mit der Hochschule Luzern (HSLU), Abteilung Kunst & Vermittlung, für das zweite grosse Jubiläumshighlight in der Alp. Fünf Studierende haben – gemäss dem Jubiläumsmotto «Alter im richtigen Licht» – künstlerische Umsetzungen kreiert. Entstanden sind drei spannende Projekte, die mit Feingefühl und einem empathischen Blick das Alter reflektieren.
Autorin: Roja Nikzad

Sebastian Utzni, Leitung Kunst & Vermittlung HSLU, und Dana Wichert, Leitung Bereich Hotellerie BZE AG, im Eingang des Alp Betagtenzentrums. (Bild: zvg)
Mit der Kooperation zum Jubiläum schlägt die BZE AG erneut eine Brücke; diese will Grenzen überwinden, zu Reflexion rund ums Alter anregen, Jung und Alt zusammenführen, den Kunststudierenden der HSLU eine Plattform geben, aber auch den betagten Bewohnerinnen und Bewohnern des Alp Betagenzentrums Teilhabe ermöglichen. Kunst ist mit den Sinnen erlebbar, fördert den Dialog und schafft eine Verbindung zwischen der Alp und der Gemeinde Emmen.
Ab 25. September 2023 werden die drei Kunstprojekte in und um die Alp erlebbar werden. Interessierte sind herzlich eingeladen, einen Blick ins Alp Betagtenzentrum zu werfen.
Let me be your Powerlink
Marleen Langer und Alina von Hayn wollen mit ihrem Projekt «Let me be your Powerlink» den Bewohnerinnen und Bewohnern des Alp Betagtenzentrums aktive Teilhabe und ein Erlebnis der Selbstwirksamkeit ermöglichen. Nach einem Master in Heil- bzw. Sonderpädagogik in Heidelberg interessieren die beiden sich in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung für die Schnittstellen zwischen Kunst, Inklusion und Bildung.
Das Konzept und der Begriff «Powerlink» stammen entsprechend aus dem sonderpädagogischen Kontext und ermöglichen Menschen, deren Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, den Aufbau von Selbstwirksamkeit mittels einfacher Bedienhilfen – z.B. einem grossen Knopf, mit dem der Mixer bedient werden kann.
Bei einem gemeinsamen Mittagessen mit Bewohnerinnen und Bewohnern in der Alp stiessen die beiden Jungkünstlerinnen im Gespräch auf den Wunsch nach Selbstwirksamkeit. In individuellen Interviews setzten sich Langer und von Hayn mit den Bedürfnissen und Wünschen ihrer Gesprächspartnerinnen und -partner auseinander. Mittels digitaler Verlängerung und der visuellen Möglichkeiten der Kommunikationstechnologie schlüpften die beiden im übertragenen Sinn in die Rolle des «Powerlinks» und ermöglichten den Alp-Bewohnerinnen und -bewohnern durch die Augen der Künstlerinnen ein ersehntes Erlebnis – z.B. einen Besuch im Souvenirladen in Luzern, wo eine Bewohnerin vor vielen Jahren gearbeitet hat.
Diesem Erlebnis respektive der Performance der Künstlerinnen wurde anschliessend durch filmisches Festhalten eine zusätzliche und weitende Ebene hinzugefügt. «Unser Interesse gilt Orten, die nicht primär mit Kunst in Verbindung gebracht werden, darum reizte uns die Arbeit im Alp Betagtenzentrum», so von Hayn. Langer ergänzt: «Für uns war Inklusion im Alter als Thema wichtig, daher hat uns die Zusammenarbeit mit der BZE AG sehr interessiert.»
«Schattenlicht» – der vertiefte Blick enthüllt
Mit dem Projekt «Schattenlicht» von Sonja Elisabeth Fuchs dürfen Betrachtende ins Entstehen und Vergehen und in die Schönheit, die dazwischen liegt, eintauchen. An der Gebäudefassade des frei stehenden Hauses «Mattli» beim Alp Betagtenzentrum realisiert die Künstlerin und ausgebildete Architektin ein geschossübergreifendes Wandbild, das sich zum Haupteingang des Alp Betagtenzentrums orientiert, aber auch von der Haldenstrasse her sichtbar ist.
Das Kunstwerk an der Hausfassade versteht sich als identitätsstiftendes Element, das den Auftakt für den Eingangsbereich bildet und gleichzeitig einen Bezug zur Nachbarschaft herstellt. Das Gemälde zeigt einen organischen Baumschatten, der über die Fassade streicht und zum Verweilen und Betrachten einlädt. Er erinnert an Wasser oder Wolken am Himmel und lässt in seinen Formen fantasievolle Objekte entdecken. In der Nacht enthüllt das Wandgemälde für kurze Zeit einen unerwarteten Zauber. Die Schatten beginnen zu phosphoreszieren und verwandeln die Fassade in ein belebtes, fast bewegtes Schattenspiel.
Was die Künstlerin bewogen hat, «Alter im richtigen Licht» auf diese Weise zu interpretieren, fasst sie wie folgt zusammen: «Der Baum, das Wasser, die Wolken – die Natur ist in steter Bewegung und unterliegt einem natürlichen Kreislauf. Das Alter verstehe ich als Teil der Lebensphasen, von der Geburt bis zum Tod. Gleichzeitig enthüllt sich innerhalb der Gebäude ein ganzes Leben mit vielen Geschichten, Aktivitäten und dem Engagement der Mitarbeitenden. Ein Blick hinter die Kulissen des Betagtenzentrums lohnt sich, dem wollte ich auch Ausdruck verleihen. Manchmal enthüllt ein vertiefter Blick spannende Facetten.»
«Wir waren auf der Suche nach Geschichten von früher, von einer Vergangenheit an diesem Ort, vom Leben und den Menschen aus Emmen. Ganz bestimmt hat sich vieles verändert, doch an gewissen Orten lässt sich vielleicht noch an ein früheres Emmen denken.»
Einblicke in verschiedene Lebenswelten
Die beiden Kunststudierenden Jasmin Rolli und Charli Ciarla beschäftigen sich in ihrem Projekt «Let me tell you – ich verzells eu» mit dem Alter und ihren Geschichten an Standorten in der Gemeinde Emmen. Bei Kaffee und Kuchen luden sie Bewohnerinnen und Bewohner ins Restaurant Alpissimo ein, um mit ihnen über Erlebnisse ihres Lebens zu sprechen, die sich an unterschiedlichen Orten in der Gemeinde zugetragen hatten.
Interessierte Betagte fanden sich ein, um mit den Jungkünstlerinnen über das Leben zu sprechen. Eine empathische Begegnung rund um die Gemeinde Emmen. Bruchstücke aus den transskribierten Interviews verarbeiteten die Studierenden der HSLU in Form von digitalen Laufschriften, wie man sie am Times Square an prominenter Lage mit Aktualitäten oder schlagkräftigen Neuigkeiten vorfindet, im Kleinen.
Sie verbinden damit ein Emmen von gestern mit dem heutigen und lassen Sätze der Vergangenheit in der Zeit reisen. Rolli konstatiert: «Wir waren auf der Suche nach Geschichten von früher, von einer Vergangenheit an diesem Ort, vom Leben und den Menschen aus Emmen. Ganz bestimmt hat sich vieles verändert, doch an gewissen Orten lässt sich vielleicht noch an ein früheres Emmen denken.» Ciarla meint: «Geschichten von früher ins Heute zu holen, war noch nie langweilig. Irgendwie lässt es die Zeit so relativ erscheinen, wie sie ja auch ist, und genau das gefällt uns.» Die Laufschrifttafeln sind ab Anfang September in Emmenbrücke zu sehen.
Im Gespräch mit Sebastian Utzni, Leitung Kunst & Vermittlung HSLU und Projektleiter der Kooperation zu «Alter im richtigen Licht»
Was ist Ihrer Meinung nach für betagte Menschen wichtig?
Ich denke, dass alle verschieden sind und verschiedene Bedürfnisse haben. Deshalb glaube ich, dass es das Wichtigste für sie ist, nicht pauschalisiert oder mit einem Stempel versehen zu werden.
Ist es wichtig, sich künstlerisch mit dem Thema Alter auseinanderzusetzen?
Es ist wichtig, sich künstlerisch mit aktuellen und relevanten Themen auseinanderzusetzen, und da gehört das Thema Alter unbedingt dazu. Also: ja, ja, ja.
Warum ist eine Kooperation der Kunst & Vermittlung HSLU mit der BZE AG interessant?
Wir können Out-of-the-Box-Thinking und viel Schaffenskraft bieten, die BZE AG bringt Reality und wichtige Themen mit. Zusammen können wir so neue Perspektiven eröffnen. Für uns ist es extrem wichtig, nicht nur in den «geschützten» vier Wänden der Hochschule zu arbeiten.
Was bedeutet sie für den Standort Emmen?
Das zeigt, wie innovativ und lebendig Emmen ist. Hier sind so viele verschiedene, ungewöhnliche und aktive Menschen, die gemeinsam unheimlich viel entwickeln können.
Was hat es für eine Bedeutung, dass junge Studentinnen und Studenten sich mit dem Thema Alter auseinandersetzen?
Systeme und Welten übereinanderzulegen, führt immer zu neuen Ansätzen, die alle weiterbringen.
Wir heissen unsere neuen Lernenden herzlich willkommen und wünschen einen tollen Start bei der BZE AG
Michèlle Vitale, Alea Waech, Joana Sigrist, Olivia König, Abiramy Thirukumar, Ines Willimann, Noelia Thüring, Marion Renggli, Alina De Souza, Florijan Jusufi, Ariana Lopes Fernandes, Noemi Stambolija, Alisha Guzman, Sara Cikoja, Celio Garrido Quiroz, Simeon Arnet, Anastazija Marjanovic, Erza Behluli, Carla Unternährer, Séverine Barmet, Annina Hager, Linus Heller, Anisa Kershi, Sarah Kurmann, Samrawit Mehansho, Riccardo Pitzalis, Kevin Moser, Larisa Stakovic, Tharshana Sithiranathan.