«Kunst im Fluss»
Wenn Natur und Technik durch Kunst verschmelzen
Graue Flächen, dunkle Ecken und kahle Wände entlang der Uferwege von Kleiner Emme und Reuss: Damit soll in naher Zukunft Schluss sein. Die Projektgruppe KIF (Kunst im Fluss) hat sich zum Ziel gesetzt, den öffentlichen Erholungs- und Bewegungsraum mit künstlerischen Interventionen aufzuwerten und attraktiver zu gestalten.
Autor: Michael Schorta

Barbara Hennig Marques und Hansjürg Egli von der Projektgruppe «Kunst im Fluss» am Kanal der Kleinen Emme (es fehlt Hans Stricker). (Bild: msc)
Wenn nicht gerade braune Wassermassen die Kleine Emme herunterdonnern und sie in ein tosendes Ungetüm verwandeln, wie so oft nach schweren Regenfällen in ihrem Einzugsgebiet, wird ihr Unterlauf vor allem von verbauten Uferzonen, Hochwasserschutzwänden, geringem Wasserstand und einem trocken wirkenden Flussbett geprägt.
Doch auch wenn diese Attribute auf den ersten Blick alles andere als einladend wirken und dem Flussraum in diesem Perimeter eher wenig Aufmerksamkeit zuteilwird, herrscht hier trotzdem eine gewisse Energie, wie Hansjürg Egli, Architekt und Vorstandsmitglied von Visarte Zentralschweiz erklärt: «Auch wenn es vielleicht nicht so scheint: Der kahl wirkende Flussraum hat ein unglaubliches Potential für Kunst im öffentlichen Raum.»
Kunst im Fluss
Kunst im öffentlichen Raum kennt viele Erscheinungsformen: Sie wertet auf, weist künstlerisch auf Eingriffe und Veränderungen hin, wirft Fragen auf, arbeitet spielerisch mit räumlichen Begebenheiten oder schafft neue Bezugs- und Verbindungspunkte. Hier knüpft «Kunst im Fluss» nahtlos an: Der öffentlich zugängliche Flussraum soll, mit Rücksichtnahme auf seine natürlichen sowie von Menschenhand beeinflussten Begebenheiten, als künstlerische Plattform genutzt und gestaltet werden.
Zudem offenbart der Name «Kunst im Fluss» eine intrinsische Komponente des Projekts: Die Künstlerinnen und Künstler sollen in der Konzeptionierung ihrer Werke und in der Wahl der Form frei und offen sein. Kurz: Die Kunst soll frei fliessen können.
«Auch wenn es vielleicht nicht so scheint: Der kahl wirkende Flussraum hat ein unglaubliches Potential für Kunst im öffentlichen Raum.»
Hansjürg Egli, Architekt und Vorstandsmitglied Visarte Zentralschweiz
Chance für Aufwertung
Wir stehen im Besprechungszimmer des Architekturbüros von Hansjürg Egli mit Blick auf das Flussbett der Kleinen Emme, oberhalb des Areals der Steeltec in der Emmenweid. Auch hier, wo vor geraumer Zeit die Idee für dieses Projekt heranreifte, soll in naher Zukunft der öffentliche Raum entlang der Kleinen Emme mit Kunstbeiträgen bespielt und bereichert werden.
Egli betont, dass die geplanten Projekte und Werke keinesfalls nur als Dekoration dienen sollen: «Natur und Technik sollen durch Kunst verschmelzen. Statt zu verdichten, möchten wir mit verschiedensten Interventionen, subtil in den Bereich der beiden Flussarme eingebettet, einen poetischen Umgang mit diesem einzigartigen Raum ermöglichen.»
Barbara Hennig Marques, Künstlerin, Kunsthistorikerin und ebenfalls Vorstandsmitglied von Visarte Zentralschweiz, ergänzt: «Der Raum wäre ja grundsätzlich überall vorhanden. Und da sich moderne Kunst immer mehr vom Museum emanzipiert hat, braucht es heute nicht mehr zwingend eine Galerie, um Kunst ausstellen zu können. Zudem hat Kunst im öffentlichen Raum den Vorteil, dass sie inklusiver ist: Ausstellungen sind jederzeit und für jedermann zugänglich.»
Ausserdem betonen die beiden Initiierenden den hohen Stellenwert künstlerischer Interventionen für die Aufwertung des öffentlichen Raumes. Inwiefern die breite Öffentlichkeit an den Kunstprojekten partizipieren kann, ist noch offen: Grundsätzlich sind für die Ausschreibungen nur professionelle Künstlerinnen und Künstler zugelassen. Die Projektgruppe könne sich aber gut vorstellen, dass bei einem passenden Konzept auch die lokale Bevölkerung aktiv miteinbezogen wird.
«Moderne Kunst emanzipiert sich immer mehr vom Museum. Es braucht heute nicht mehr zwingend eine Galerie, um Kunst ausstellen zu können.»
Barbara Hennig Marques, Künstlerin, Kunsthistorikerin und Vorstandsmitglied Visarte Zentralschweiz
Baldiger Startschuss
Derzeit laufen die letzten Vorbereitungen für die erste Ausstellung von «Kunst im Fluss» unter dem Autobahnviadukt Reussegg, welche am 24. Juni 2023 mit einer Eröffnungsfeier startet. Die formal und inhaltlich sehr unterschiedlichen Werke, welche im Vorfeld von einer Jury ausgewählt wurden, können für rund acht Wochen bestaunt werden.
Quartiereffekt und Co.
Ohne bisherige und künftige Unterstützung kann «Kunst im Fluss» nicht wirklich fliessen. Unterstützt und gesponsert wird das Projekt von Privaten und Firmen sowie der kantonalen Kulturförderung von Luzern Plus. Diese hat in Zusammenarbeit mit dem Gebietsmanagement Luzern Nord das Pilotprojekt «Quartiereffekt» lanciert, bei welchem «Kunst im Fluss» als eines von vier Siegerprojekten überzeugen konnte.