Verein DeliA
In den alten Viscosi-Büros geht heute die ganze Welt ein und aus
Als Emmen vor 16 Jahren wegen seiner Einbürgerungspraxis für Negativschlagzeilen sorgte, legten zwei engagierte Emmerinnen den Grundstein für den Verein DeliA. Heute besuchen rund 90 Migrant*innen aus 40 Nationen die Deutschkurse. Am 21. Mai 2022 feiert die Schule als Verein DeliA ihr zehnjähriges Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür.
Autorinnen: Bea Hess und Marlis Huber

Im Team wird Grammatik erarbeitet. (Bilder: Bea Hess)
Günstig und deshalb für alle zugänglich. Mit dieser Philosophie starteten vor 16 Jahren die Primarlehrerin Sibylle Meyer und die Kindergärtnerin Erika Jans unter der Schirmherrschaft des Vereins Zukunftsgestaltung Emmen das Projekt «Deutsch für Migrant*innen». «Wir unterrichteten damals zweimal pro Woche», erinnert sich Sibylle Meyer und ergänzt: «Da das Angebot auf grosses Interesse stiess, war das Schulzimmer schon bald zu klein. Auch die Sprachniveaus wurden immer unterschiedlicher.» Nach und nach wurde vergrössert, angepasst, professionalisiert und vor zehn Jahren wurde das Projekt in den Verein DeliA (Deutsch lernen im Alltag) überführt.
Sprache als Voraussetzung für ein gutes Miteinander
Heute unterrichten sieben ausgebildete Kursleiterinnen zehn Klassen auf unterschiedlichen Niveaus. Bea Hess unterrichtet seit 16 Jahren bei DeliA und weiss, wie schwierig für Migrant*innen der Alltag sein kann: «Menschen, die der lokalen Sprache nicht mächtig sind, fühlen sich oft sehr unsicher und einsam.» Zudem würden mangelnde Sprachkenntnisse den Zugang zu Informationen sowie den Kontakt zu Behörden und Schulen erschweren.
Auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien ohne Sprachkenntnisse kaum gegeben, gibt sie zu bedenken. DeliA sei deswegen für viele Migrant*innen eine grosse Hilfe und Stütze. Ihre langjährige Erfahrung in der Migrationsarbeit fasst Bea Hess so zusammen: «Die Vielfalt an Kulturen ist ein wunderbares Gut und der Spracherwerb die Voraussetzung für ein lebenswertes Miteinander.»
«Die Vielfalt an Kulturen ist ein wunderbares Gut und der Spracherwerb die Voraussetzung für ein lebenswertes Miteinander.»
Bea Hess, Lehrerin DeliA
Eine Herzensangelegenheit
Was 2006 im Schulhaus Krauer angefangen hat, ist gewachsen und seit 2010 in den ehemaligen Viscosi-Büros an der Gerliswilstrasse 17 zu Hause. Von Montag bis Freitag finden sich hier rund 90 Menschen aus der ganzen Welt ein, um Deutsch zu lernen. Während die Kursleiterinnen am Morgen um halb neun eifrig Unterrichtsmaterialien bereitstellen und letzte Vorbereitungen treffen, erwacht die Schule zum Leben. Kurz darauf treffen die ersten Kursteilnehmer*innen ein. Munteres Schwatzen in den verschiedensten Sprachen ist zu hören, Freundschaften werden geknüpft und Sprachbarrieren überwunden.
Um neun Uhr beginnt der Unterricht. Mehrere Kinder weilen unterdessen gut betreut im eigenen Kinderhort. Präsidentin Franziska Zollinger erklärt: «Es war uns immer ein Anliegen, dass Mütter trotz Kleinkindern die Möglichkeit haben, einen Deutschkurs zu besuchen. Während morgens die Kurse ausschliesslich für Frauen offenstehen, sind in den Abendklassen auch Männer willkommen. Ohne männliche Kursteilnehmer bewegen sich die Frauen trotz verschiedener kultureller Hintergründe zwangsloser, sodass einige im Klassenzimmer Babys stillen oder ihr Kopftuch ablegen.»
Eine familiäre, herzliche Atmosphäre ist den Kursleiterinnen wichtig. DeliA ist für Franziska Zollinger eine Herzensangelegenheit und ihr tagtägliches Bestreben kann mit einem Zitat von Konfuzius auf den Punkt gebracht werden: «Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden.»
Sprachkurse und mehr
DeliA setzt sich nicht nur für die Sprache ein, sondern bringt den Teilnehmer*innen die Schweizer Kultur, das Brauchtum und hiesigen Gepflogenheiten näher. Auch Besuche in der Bibliothek, Museen, Besichtigungen von landwirtschaftlichen und industriellen Betrieben sowie Hilfestellungen und Vermittlung bei den unterschiedlichsten Problemen gehören dazu.
Ein- oder zweimal pro Monat findet zudem das Café DeliA statt. Dort wird genäht, gebacken, gespielt und natürlich immer Deutsch gesprochen. Diese Anlässe stehen für alle offen. Auch Informationsanlässe zu migrationsrelevanten Themen werden angeboten. Oder Kochkurse, in denen die Kursteilnehmer*innen gemeinsam mit interessierten Emmer*innen ihre Lieblingsgerichte kochen. Der jährliche DeliA-Ausflug ist für viele Frauen eine seltene Gelegenheit, um dem Alltag für eine Weile zu entkommen. Wenn dann 40 Nationalitäten gemeinsam Völkerball spielen, wird der Ball wortwörtlich zum «Völkerball».