Schlussstrich nach knapp 15 Jahren
Emmens Baumeister tritt ab
Planen, Gestalten, Bauen. Kaum eine Verwaltungsdirektion tangiert das alltägliche Leben der Emmerinnen und Emmer so stark wie die Direktion Bau und Umwelt. Knapp 15 Jahre lang war Josef Schmidli ihr Vorsteher – eine prägende Zeit, für Emmens Erscheinungsbild ebenso wie für den Mitte-Politiker selbst.
Autor: Philipp Bucher

Mehr Zeit für die Familie und für sich selbst: Josef Schmidli kehrt dem Emmer «Schoggiturm» nach rund 15 Jahren als Gemeinderat den Rücken. (Bild: pbu)
Der Dank gebührt der Emmer Bevölkerung und mehr noch der Familie: «Ein grosses Dankeschön an die Emmerinnen und Emmer für die Möglichkeit, während knapp 15 Jahren diese interessante Tätigkeit ausführen zu dürfen, und an meine Familie, die mir stets den Rücken gestärkt hat», betont Josef Schmidli, der per Ende Januar 2023 sein Amt als Gemeinderat und Direktor Bau und Umwelt niederlegt. «Ich freue mich auf jede Begegnung in einem anderen Rahmen», ergänzt der 62-Jährige, «zum Beispiel anlässlich der Überreichung des Grünstadt-Labels an meine Gemeinde.»
Schmidli hat während seiner Amtsdauer einige Veränderungen in Emmen aktiv mitgestaltet. Er unterstützte etwa die Gründung des Wärmeverbundes Seetalplatz, forcierte diverse schulische Bauprojekte wie die Gesamtsanierung der Schulanlage Gersag, engagierte sich an vorderster Front für den Erhalt des Tramhüsli und setzte mit der Ortsplanungsrevision die Leitplanken für Emmens Siedlungsentwicklung der kommenden 15 bis 20 Jahre. Als letztes Kapitel zieht er nun Bilanz über seine Zeit als oberster Emmer Baumeister.
«Ich habe mich immer am Positiven orientiert, an Sachen, die geklappt haben.»
Josef Schmidli, Baudirektor Emmen
Josef Schmidli, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihr Amtsende als Gemeinderat?
Es ist wie eine Vollbremsung. Bis zum letzten Tag noch bin ich voll im Tagesgeschäft. Parallel gilt es, alles so weit möglich abzuschliessen und eine saubere Übergabe für die Interimslösung zu organisieren. Grundsätzlich aber blicke ich mit einem guten Gefühl auf den Abschluss und freue mich auf den neuen Lebensabschnitt.
Können Sie sich an Ihre erste Gemeinderatssitzung erinnern?
Nein, aber ich kann mich gut an meine erste Sitzung als Gemeinderat in der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) erinnern. An jener Sitzung wurde irgendein Posten aus dem Budget gestrichen, woraufhin ich vorschlug, stattdessen ein anderes Projekt aufzunehmen, namentlich die Erstellung eines Veloweges über die Kirchfeldstrasse. Diesen Vorschlag brachte ich ein, ohne dies vorher im Gemeinderat zu diskutieren, was für den einen oder anderen entgeisterten Blick in der Runde sorgte. Das ist mir geblieben – und der Veloweg wurde gebaut.
Gibt es laufende Projekt, die Sie gerne noch abgeschlossen hätten?
Nach der Mitwirkung steht der Prozess der Ortsplanungsrevision nun vor der öffentlichen Auflage. Diese hätte ich gerne noch begleitet. Die Revision war ein langer Prozess mit der Erarbeitung des städtebaulichen Gesamtkonzeptes, der planungsrechtlichen Umsetzung und der intensiven Öffentlichkeitsarbeit inklusive Lancierung der Marke «Qualität Emmen», die uns von Anfang an als Leitstern diente. Mit der öffentlichen Auflage wird das Packet nun final zusammengeschnürt. Hierbei wäre ich gerne noch dabei gewesen.
2008 wurden Sie in den Gemeinderat gewählt und standen seither stets der Direktion Bau und Umwelt vor. Wollten Sie je die Direktion wechseln?
Nein, das ist für mich nie ein Thema gewesen, weil ich mich im damit verbundenen Tätigkeitsfeld immer sehr wohl gefühlt habe. Mit den Bereichen Werkdienst, Wasserversorgung, Siedlungsentwässerung, Planung, Hoch- und Tiefbaubau, Baubewilligung, Verkehr, Umwelt und Energie ist es eine umfassende und spannende Direktion. Gerade das Thema Energie – oder allgemeiner die Umweltthematik – hat mich immer schon stark interessiert. Dabei haben Fragen zum korrekten Umgang mit unserer Umwelt während meiner Amtszeit deutlich an Relevanz gewonnen, wobei ich der Meinungen bin, dass wir in dieser Hinsicht nach wie vor Luft nach oben haben.

Josef Schmidli vor der 2017 neu angeschafften mobilen Wasserpumpe. (Bild: Gemeinde Emmen)
Als Baudirektor standen Sie immer wieder unter Beschuss. Die Siedlungsentwicklung tangiert die Menschen und jeder möchte mitreden. Wie haben Sie das wahrgenommen?
In der Baudirektion bist du nie alleine. In Emmen hast du es als Baudirektor mit 32'000 Bauinspektoren und 32'000 Verkehrsexperten zu tun. Was wir von unserer Direktion aus bewegen durften, davon war die Bevölkerung betroffen und berührt – eine Bevölkerung, die naturgemäss heterogene Meinungen in sich vereint. Diese Meinungen unter einen Hut zu bringen, es möglichst allen recht zu machen und Mehrheiten zu bilden, war in der Tat immer wieder eine echte Herausforderung.
Wie sind Sie mit Kritik umgegangen?
Zu Beginn hatte ich Mühe. Die Kritik kam mitunter ungehemmt und ungefiltert, zumal gerade in der Anfangszeit nicht alle Freude daran hatten, dass ich als Mitte-Politiker einen FDP-Sitz übernommen habe. Da wurde meines Erachtens auch der Kritik wegen kritisiert und nicht, weil meine Arbeit schlecht gewesen wäre. In dieser Zeit stand ich stark unter Strom. Damit musste ich erst lernen umzugehen, mich ein Stück weit distanzieren und die Kritik nicht persönlich nehmen.
Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe mich immer am Positiven orientiert, an Sachen, die geklappt haben. Was nicht geklappt hat, konnte ich zur Seite stellen, weil ich einen Ausgleich gefunden habe in der Familie, in den Bergen und auf Velotouren. Sport hat mir immer viel gegeben, sei es beim Laufen, auf dem Snowboard, beim Wandern oder Velofahren. Ich bin und war immer polysportiv unterwegs. Ausserdem lese ich viel. Aber meine grosse Leidenschaft ist klar das Velofahren. Wenn immer möglich, bin ich mit dem Velo unterwegs, weil ich dabei sehr gut den Kopf «lüften» kann.

Josef Schmidli an der Seite von Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Zuge der Ehrung der Verkehrsdrehscheibe Seetalplatz und Unterzeichnung der «Erklärung von Emmenbrücke» 2021. (Bild: zvg)
In Ihrer Amtsdauer hat sich die Gemeinde Emmen stark gewandelt. Welche Veränderungen stechen für Sie besonders hervor?
Augenscheinlich ist die städtebauliche Veränderung in der Feldbreite. Was für mich allerdings besonders hervorsticht, ist die laufende Veränderung am Seetalplatz. Das Gebiet vom Bahnhof Emmenbrücke bis zur Viscosistadt inklusive Verkehrsdrehscheibe Seetalplatz umfasst jenes Projekt, das der Gemeinde Emmen weitherum die grösste Ausstrahlungskraft verleiht. Die Gebietsentwicklung Luzern Nord ist das urbane Herz Emmens, hier gehen das Denken und der Blick in die Totale, weg vom Engstirnigen. Ich habe immer dafür plädiert, die Scheuklappen abzusetzen und über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Luzern Nord ist ein Paradestück für eine erfolgreiche, gemeindeübergreifende Zusammenarbeit.
Wie hat sich Josef Schmidli in den vergangenen 15 Jahren verändert?
Er hat viel gelernt, allem voran, dass der erste Eindruck einer Thematik eben immer nur der erste Eindruck ist, der weitere, wesentliche Facetten verbergen kann. Mir ist hierbei zugutegekommen, dass ich sehr neugierig bin und mich stark für andere Meinungen und die Beweggründe dahinter interessiere. Diese Offenheit gegenüber konträren Sichtweisen ist oftmals der Quell für spannende Erkenntnisse, Verständnisgewinn und neue Blickwinkel. Andererseits merke ich, dass ich dünnhäutiger geworden bin. Ich lasse mich von Themen schneller emotional einnehmen. Manche sagen, meine Zündschnur sei kürzer geworden. Tatsächlich bringe ich Diskussionen heute manchmal schneller zu einem Ende, mache einen Punkt und treffe eine Entscheidung, wo ich früher wohl weiter abgewogen hätte.
War das ein Grund für den Rücktritt?
Indirekt mag das eine Rolle gespielt haben. Ich habe gemerkt, dass mein Privatleben, meine Familie und persönliche Interessen neben meiner Tätigkeit als Gemeinderat zu kurz kommen und ich diesen Lebensinhalten mehr Gewicht beimessen möchte. Wenn ich etwas mache, dann will ich es richtig machen. Dadurch, dass sich meine Prioritäten zugunsten meines Privatlebens verschoben haben, müssen zwangsweise andere Aspekte zurückstecken. Eine fünfte Legislatur wollte ich ohnehin nicht anhängen. Nun, mit 62 Jahren, ist ein guter Zeitpunkt dafür, die Weiche zu stellen und etwas Neues zu beginnen.
Welches Ereignis während Ihrer Amtszeit wird Ihnen in Erinnerung bleiben?
Das Tramhüsli. Als der Kanton Luzern mitteilte, dass das Tramhüsli infolge einer Strassenverbreiterung abgerissen werden müsse, war früh klar, dass wir dieses historisch wertvolle Gebäude retten möchten. Die darauffolgende Verschiebungsaktion, die breite Unterstützung aus der Bevölkerung und das immense Engagement aller Beteiligten sind ein grosses Highlight. Und natürlich der Besuch von Bundesrätin Simonetta Sommaruga mit der Ehrung der Verkehrsdrehscheibe Seetalplatz und Unterzeichnung der «Erklärung von Emmenbrücke».
Gibt es etwas, das Sie rückblickend bereuen oder anders machen würden?
Neben meiner operativen Tätigkeit fand das Strategische zu wenig Platz. Ich würde mich rückblickend anders organisieren. Eine Gemeinde mit rund 32'000 Einwohnerinnen und Einwohnern und den sich uns bietenden Chancen hat mehr Raum für strategische Überlegungen verdient. Das ist im operativen Handeln etwas untergegangen. Ich war – vor allem in den letzten paar Jahren – zu stark im Operativen tätig und würde mir im Rückblick mehr Raum für das Strategische geben.
«Die Fusion mit der Stadt Luzern wird spätestens in 15 Jahren wieder ein Thema sein.»
Josef Schmidli, Baudirektor Emmen
Worauf freuen Sie sich am meisten nach Ihrer Zeit als Emmer Gemeinderat?
Ich freue mich darauf, die mit meinem Amt verbundene Verantwortung in andere Hände geben zu dürfen und dadurch im Gegenzug mehr Ruhe und Gelassenheit und Raum für persönliche Interessen zu erhalten.
Haben Sie politische Vorbilder?
Ja, primär beeindrucken mich Politiker, die integrierend wirken, wie beispielsweise der einstige US-Präsident Barack Obama oder der aktuelle Französische Staatspräsident Emmanuel Macron. Das sind keine «Spalter», sondern Menschen, die den Integrationsgedanken hochhalten, sei es im Sinne eines nationalen Verständnisses oder im Namen des transnationalen Verbundes.
Wo sehen Sie die Gemeinde Emmen in 15 Jahren?
Ich denke, dass die Diskussion über eine verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden wieder verstärkt aufs Tapet rücken wird. Die Fusion mit der Stadt Luzern wird spätestens in 15 Jahren wieder ein Thema sein. Auch sehe ich, dass die Verkehrsdrehscheibe am Seetalplatz als System bestens funktioniert.
Ihr Exekutiv-Sitz ist begehrt. Fünf Kandidaten stellten sich dem ersten Wahlgang, vier von ihnen wollen es im zweiten Wahlgang nochmals wissen. Wie nehmen Sie den Kampf um Ihre Nachfolge wahr?
Vorab zur Klarstellung: Es geht hierbei nicht um die Wahl des künftigen Baudirektors, sondern um die Wahl eines neuen Gemeinderatsmitglieds. Abgesehen davon freut mich das grosse Interesse am freiwerdenden Exekutivsitz. Die Legitimation als Gemeinderat ist höher, wenn du dich in einem grossen Kandidatenfeld behaupten kannst.
Welchen Rat geben Sie Ihrer Nachfolge mit auf den Weg?
Da halte ich mich bewusst zurück. Rat-Schläge sind schliesslich Schläge. Ich wünsche stattdessen viel Glück und Erfolg. Oder in den Worten des Dichters Wilhelm Busch: «Das, worum du dich bemühst, möge dir gelingen.»
Stimmen zum Rücktritt

Enzo Gemperli, Leiter Departement Planung und Hochbau
«Du warst für uns immer der kollegiale Sepp; manchmal etwas hemdsärmelig und emotional, aber immer konsequent und verlässlich. Natürlich gab es auch die Spagat-Momente zwischen der Loyalität zu unserer Facharbeit und den oft individuellen Interessen aus der Bevölkerung. Es gab aber immer einen konstruktiven Weg zur Lösungsfindung.
Durch deine langjährige Tätigkeit als Baudirektor und dein grosses operatives Engagement konntest du dein Wissen kontinuierlich ausbauen. Unvergesslich bleiben die vielen Gespräche, an denen wir das Für und Wider zum Beispiel eines politischen Vorstosses offen erörtern konnten, um dem Parlament eine fundierte Antwort zu liefern. Dieser Austausch war immer geprägt von gegenseitigem Vertrauen und Respekt.
Du wirst mir in sehr guter Erinnerung bleiben, sei es als der stets positiv eingestellte und aufgestellte Macher oder als der mit Umsicht führende kooperative Chef. Herzlichen Dank für die spannende gemeinsame Zeit für und mit der Gemeinde Emmen. Dir, lieber Sepp, wünsche ich für deine zukünftigen Projekte viel Erfolg sowie ganz viele schöne Momente zusammen mit deiner Familie, insbesondere mit deinen Enkelkindern.»

Bernhard Kuhn, Leiter Departement Tiefbau und Werke
«Du bist der Chef, dem ich bisher in meinem Berufsleben am längsten diente. Das setzt ein gewisses ‹Zusammenpassen› voraus. Es muss nicht die perfekte Harmonie sein, aber es braucht gegenseitigen Respekt, Wertschätzung und vor allem einen offenen Dialog. Genau das ist es, was ich an dir schätze. Ich konnte immer sagen, was ich denke, und dabei fand ich einen aufmerksamen Zuhörer. Bemerkenswert ist das hohe Vertrauen, das du den Mitarbeitenden entgegenbringst. Du lässt die notwendigen Freiheiten und stehst bedingungslos hinter ihnen, auch wenn mal was nicht perfekt ist. Das ist gerade im politischen Umfeld nicht selbstverständlich und dafür danke ich dir!
Jahrein, jahraus grossmehrheitlich mit dem Velo unterwegs zu sein und dabei jeder Witterung zu trotzen verdient Anerkennung. Wenn du dann noch den bestimmt vorhandenen Velohelm findest und ihn auch als Kopfschutz benutzt, wirst du endgültig zum Vorbild im Mobilitätsverhalten.
Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Familie, Freunde und wohl auch Berge sollen im Mittelpunkt stehen. Deinem Faible für die (militärische) Fliegerei, Menschen mit ihren Weisheiten und anstrengende Velotouren kannst du nun vermehrt nachgehen. Ich wünsche dir dabei viel Erfüllung und freue mich, wenn Du in deiner neuen Rolle als ‹Mitbürger› auf einen Plausch vorbeikommst. Du bist jederzeit willkommen.»

Christian Meister, Präsident Die Mitte Emmen
«Es war eine turbulente Zeit als, du damals in den Einwohnerrat gewählt wurdest. Heute steht Emmen, wie es der Historiker Kurt Messmer nennt, vor dem dritten goldenen Zeitalter. Unsere Gemeinde ist nach dem Niedergang der Industrie aus der Schockstarre aufgewacht. Dazu hast du als Baudirektor viel beigetragen. Emmen ist im Aufbruch. Und das nicht erst mit der von dir angestossenen Ortsplanungsrevision.
Du warst aber nicht nur Bau-, sondern auch Umweltdirektor. Das Thema Umwelt liegt dir mindestens so am Herzen wie der Bau. Das sieht man tagtäglich, wenn du mit deinem Velo durch Emmen fährst. Nur über das Thema Velohelm müssen wir dann nochmals reden …
Bewundert habe ich immer, wenn du mit viel Engagement die Themen deiner Gemeinderatsgspändli vertreten hast. Die Kollegialität im Gremium war dir immer wichtig, auch wenn du wahrscheinlich ab und zu anderer Meinung warst.
Als Baudirektor ist man oft im Rampenlicht und man kann es nie allen recht machen. Du hast dich dabei auch bei unpopulären Entscheiden stets hinter deine Mitarbeitenden gestellt. Ich bin überzeugt, du kannst stolz auf das in deiner Amtszeit erreichte zurückschauen. Für deine anstehende Pensionierung wünsche ich dir nur das Beste.»