Velonetz-Initiative
Gemeinderat präsentiert Gegenvorschlag
Der Gemeinderat unterstützt die Anliegen der Initiative zum Ausbau eines direkten, sicheren und zusammenhängenden Velorouten-Netzes grundlegend. In der praktischen Umsetzung stösst das Initiativ-Vorhaben allerdings an Grenzen. Diese möchte die Emmer Exekutive mit einem Gegenvorschlag überwinden.
Autor: Philipp Bucher

Der Gemeinderat spricht sich klar für den Ausbau des Emmer Velonetzes aus, plädiert aber für eine längere Umsetzungsfrist und mehr Handlungsspielraum. (Bild: pbu)
Mehr Zeit und Pragmatismus: So liesse sich die Replik des Gemeinderates auf die Gemeindeinitiative «Emmer Velonetz jetzt!» pointiert zusammenfassen. Die durch den Interessenverband Pro Velo Luzern lancierte Initiative verlangt die Realisierung eines durchgängigen, gemeindeübergreifenden Netzes von Velohauptrouten, das alle wichtigen Orte für Wohnen, Freizeit, Schule, Einkaufen und Arbeit verbindet. Diese Hauptrouten sollen in Form von Radwegen, Velostrassen oder in Ausnahmen als Radstreifen umgesetzt werden und prioritär von Fuss- und motorisiertem Verkehr getrennt sein. Ausserdem sollen sie genügend breit sein, um bei Bedarf ein anderes Velo gefahrlos überholen zu können.
Handlungsbedarf ist unbestritten
Dass in Sachen attraktiver Veloverkehr in Emmen Handlungsbedarf vonnöten ist, steht für den Gemeinderat ausser Frage: «Ein durchgehendes Netz an Velowegen besteht noch nicht. Es kommt immer wieder zu Unterbrüchen, etwa bei Querungen oder auf einzelnen Strassenabschnitten», schreibt die Exekutive im zugehörigen Bericht und Antrag an den Einwohnerrat (44/21). Konfliktsituationen seien die Folge, die durch die zunehmende Zahl an Velofahrenden und den anhaltenden E-Bike-Boom zusätzlich verschärft würden. Deshalb hat sich der Gemeinderat für das Legislaturprogramm 2022–2025 Ziele für die Velonetzplanung explizit auf die Fahne geschrieben.
Zwischen der strategischen Zielsetzung der Gemeinde Emmen und den inhaltlichen Forderungen von Pro Velo Luzern besteht denn auch überwiegend Einigkeit: Die Forderungen der Velonetz-Initiative sollen im kommunalen Strassenreglement festgeschrieben werden, allerdings in teilweise angepasster Form – und mit mehr Zeit und Pragmatismus. Insbesondere bei zwei Punkten aus dem Forderungskatalog der Initiative macht der Gemeinderat arge Umsetzungshindernisse geltend:
Zu knapp bemessene Realisierungsfrist
Die Initiative verlangt die Umsetzung des geforderten Velonetz-Ausbaus innerhalb von zehn Jahren. Diese Frist wird vom Gemeinderat als nicht realistisch beurteilt. Nicht nur sei die Planung, Projektierung und Umsetzung von Velohauptrouten im Siedlungsbereich grundsätzlich ein anspruchsvolles Unterfangen, auch müsse die bestehende Veloverkehrsplanung erweitert und mit den Nachbargemeinden sowie dem kantonalen Radroutenkonzept koordiniert werden. «Es müssten sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen freigespielt werden», resümiert der Gemeinderat, der es überdies als notwendig und zielführend erachtet, den Zeithorizont an die übergeordneten Planungen anzupassen: «Die Fristen sollen sich am neuen Veloweggesetz orientieren, welches nach Inkrafttreten am 1. Januar 2023 fünf Jahre für die Planung und 20 Jahre für deren Umsetzung definiert.» Die geforderte Realisierungsfrist des Initiativbegehrens soll also von 10 auf 20 Jahre verlängert werden.
Eingeschränkter Spielraum
Die Forderung einer prioritär vom motorisierten Individualverkehr und dem Fussverkehr getrennten Führung des Veloverkehrs könne ferner nicht in der geforderten Konsequenz erfüllt werden. Aus fachlicher Sicht mag es korrekt sein, die Separierung des Veloverkehrs auf Hauptrouten prioritär zu behandeln, anerkennt der Gemeinderat. Die Forderung müsse sich jedoch in den Gesamtkontext eines zusammenhängenden Netzes und dessen Machbarkeit fügen. «Hier ist es wichtig, den Handlungsspielraum bei der Umsetzung zu gewährleisten, um die Umsetzung nicht zu verunmöglichen», betont die Emmer Exekutive. Die Trennung vom motorisierten Verkehr solle deshalb «nach Möglichkeit» und nicht wie von der Initiative gefordert «prioritär» erfolgen.
Gegenvorschlag erhöht Umsetzungschancen
Der Gemeinderat sieht die Umsetzbarkeit der Veloinitiative durch wenige zu starke und zu absolute Formulierungen im Initiativtext gefährdet. Er lehnt die Initiative deshalb ab und unterbreitet einen Gegenvorschlag, der in weiten Teilen mit dem Initiativtext übereinstimmt, den Umsetzungsspielraum aber vergrössert und damit die Chancen für die Realisierung des Emmer Velonetzes erhöht. «Durch die beschriebenen Herausforderungen ist ein zielgerichtetes, koordiniertes, engagiertes und partizipatives Vorgehen aller Beteiligten wichtig», bilanziert der Gemeinderat. Im Rahmen eines kontinuierlichen, zielgerichteten Prozesses bedürfe es ausreichend Zeit und Pragmatismus in der Lösungsfindung.
Der komplette Bericht und Antrag betreffend Gemeindeinitiative «Emmer Velonetz jetzt!» kann via Link-Button unten eingesehen werden. Am 20. Dezember 2022 wird der Einwohnerrat über die Initiative befinden. Dabei wird sich zeigen, ob die Veloinitiative mit oder ohne Gegenvorschlag der Emmer Stimmbevölkerung unterbreitet wird. Der zugehörige Urnengang dürfte im 2023 stattfinden.
«Emmer Velonetz jetzt!»
Im Dezember 2021 wurde die Emmer Veloinitiative mit 755 gültigen Unterschriften eingereicht. Die Initiative zielt auf die Verbesserung der Velo-Infrastruktur. Innerhalb von zehn Jahren soll in Emmen ein Netz aus Velohauptrouten entstehen, auf denen sich «alle Velofahrenden, von den Jüngsten bis zu den Ältesten, entspannt und sicher bewegen können», so Pro Velo Luzern. Velohauptrouten sind qualitativ hochwertige Verbindungen im Velonetz. Sie verknüpfen wichtige Ziele, auch über grössere Entfernungen, und ermöglichen ein flüssiges und komfortables Befahren. Dazu sollen sie eine genügende Breite ausweisen.